Mittwoch, 11. Mai 2016

Vanessa Carlton - Lido Berlin

Es gibt so Künstler, die man neu für sich entdeckt und einen Monat später steht man schon auf deren Clubkonzert. Auf der anderen Seite gibt es Musiker, deren Musik man schon Jahre verfolgt, und über ein Jahrzehnt hört, vier Alben sein Eigen nennt, aber noch nie live erlebt hat. Zur zweiten Kategorie gehört ohne Zweifel die Amerikanerin Vanessa Carlton, der ich seit ihrem ersten großen Hit im Jahr 2002 zumindest musikalisch verfallen bin. Eines ihrer drei Deutschlandkonzerte 2016 war somit ein MUST HAVE für mich!

Aber ganz der Reihe nach. Das Lido in Berlin ist echt schön, geräumig, mit großzügiger Bar und wirklich gut einsehbarer Bühne, denn die Halle kommt völlig ohne Säulen aus. Das Mitten im Raum eine Reihe alter Theaterstühle steht wirkt erst seltsam, verleiht dem Raum aber noch mehr alten Charme der 60er/70er Jahre. Auf dieser Bühne erschien zunächst die süßestes Showeröffnung des Jahres: Jerry Williams aus England. Die Kleene stand alleine mit Gitarre auf der Bühne, und da muss ich das Berliner Publikum mal richtig loben: Von Anfang haben wirklich ALLE nur ihr zugehört, die Quasselei eingestellt und den Applaus gegeben, den eine junge Künstlerin als Bestätigung braucht. Die Musik von Jerry ist schlichter Gitarrenpop mit Spaß und Gefühl. Nicht unbedingt die größte Stimme oder die allerschönsten Songs, aber die kecke Art, ihr Auftreten und einfach schöne, solide Musik und mein Gedanke war: Auch nur für Jerry wäre ich an diesem Abend dort gewesen. Besonders süß ist ihr Lied "Boy oh boy", der einfach ist, aber vielleicht gerade deshalb lang im Ohr bleibt.  Auch die anderen Songs sind nicht weniger gängig, wie das Cover des The Cure Songs beweißt, hier ist Jerry Williams mit Boys don´t cry. Nach ihrem Auftritt habe ich ihre beiden EP´s erworben und noch ein Foto mit ihr ergattert!



Relativ unspektakulär kamen dann Vanessa Carlton und ein Geiger auf die Bühne. Eine große Show hätte zu ihr auch nicht gepasst. Gleich zu Beginn gab sie mit "A Thousand Miles" ihren großen Welthit zum besten. Darauf folgte ein Querschnitt aus den vier bisherigen und ihrem neuem Album Liberman, welches nach Ihrem Großvater benannt ist. Auch eine großes Gemälde, welches über der Bühne hing und auf dem ein paar nackte Grazien abgebildet waren stammte von ihrem Großvater. Das Zusammenspiel von Keyboard, Geige und ihrem Gesang sucht wirklich Ihresgleichen. Leider fehlten für meinen Geschmack Songs "Ordinary Day" oder das eingängige "White Houses", aber mit dem Lied "Carousel" vom Album Rabbits on the Run hat sie das wieder gutgemacht. Das der ganze Abend nur mit zwei-drei Instrumenten (Wechsel des Geigers auf eine Gitarre) auskam hat mir bei ihrer Musik sehr gefallen, denn es steht eindeutig die Stimme und das Keyboardspiel im Vordergrund. Die Begleitung durch das Geigenspiel untermalt es, pept es teilweise auf, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Das wird hier besonders gut deutlich: Vanessa Carlton mit ihrem neuen Song River.
Auf der Bühne selbst passiert nicht viel, wer wahre Handgemachte Musik mag ist hier just in dem Moment richtig ausgehoben. Vanessa genießt ihren Weißwein und erzählt zu vielen Liedern eine kleine Geschichte. Auch hierbei wieder mein Lob an die Berliner, da haben wirklich ohne Ausnahme alle zugehört! Für Fans wie mich war dieser Abend ein musikalischer Gute-Nacht-Kuss, denn Vanessa ist eine bodenständige Künstlerin, die weiß was sie kann und gibt dies an ihre Zuhörer weiter! Nach dem Auftritt ist selbstverständlich das neue Album mein Eigen geworden!

Als wäre dies an alles nicht genug, kam es noch zu einem schönen Erlebnis an der U-Bahnstation "Schlesisches Tor". Beim Warten auf die Bahn sah ich auf der Bank eine Frau mit langen roten Haaren und ich dachte "Das muss einfach Debrah Scarlett sein, die im vergangenen Jahr Norwegen beim ESC vertreten hat." Ich sprach sie zunächst auf englisch an, aber die gebürtige Baselerin wechselte auf deutsch, so dass wir uns lockerer unterhalten konnten. Das Foto, nach dem ich sie fragte entstand dann spontan in der U-Bahn mit der wir beide zwei Stationen gefahren sind. Dort angekommen haben wir bestimmt noch zehn Minuten bequatscht über ihr kommendes Album, die Wertschätzung von Musik und Vinyl. Am Ende war glaube ich sie etwas stolz erkannt worden zu sein und ich so happy, solch eine unheimlich coole und sehr herzliche Person getroffen zu haben. Zur Verabschiedung schenkte sie mir eine herzliche Umarmung, die diesen Abend perfekt abrundete!



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